Kopftücher
'Man’ hatte es sich gedacht. Am ausgelobten Wettbewerb beteiligten sich vornehmlich Autorinnen; denn s i e bzw. ihre Protagonistinnen sind die feschen, praktischen, betroffenen, genötigten Trägerinnen der in dieser Zeit kaum listig im Plural titulierten „Kopftücher“. – Bei Männern fallen mir Ärzte mit antiseptisch verhülltem Haupthaar ein. Auch erinnere ich mich eines Mannes, der mit argem Zahnweh ein kühlendes Tuch unter dem Kinn hindurchgezogen und oben auf dem Schädel verknotet hatte. Die Schlafmütze, zuweilen wohl nur ein Tuch für beiderlei Geschlecht, mag sich noch assoziieren.
‚Frau’ wusste, dass ein solches Thema, das als einfaches Kopftuch der Haus- oder Bauersfrau kaum in allgemeines Interesse zu rücken wäre, erst zum Thema wurde, weil uns ein ganz bestimmtes Kopftuch aus dem fernen Orient, oder zumindest der Richtung, in 1001 Nächten zuflatterte, weil wir Arbeiterinnen gerufen, angeworben hatten und sie mit ihren Männern der Arbeit ins ferne Deutschland gefolgt waren. Erst scheu, angepasst an die Landessitten (nicht auffallen, Hauptsache Arbeit), sodann in zweiter Generation schon selbstbewusster, schließlich, nicht mehr selten mit deutschem Pass, trug ‚frau’ stolz oder vom nachgereisten Sittenwächter dazu gedrungen, das Reize verhüllende religiöse Velum, ein zusätzliches, symbolisches, für die zugehörige Männerwelt traditionell durchaus praktisch gedachtes Hymen. (Du sollst nicht begehren …)
Nach Ablösung des Ost-West- durch den Nord-Süd-Konflikt (Kapitalismus – Terrorismus) verstärkte sich mit den blutigen ‚Erfolgen’ in Art des und um den 11. September auch der Konflikt um das immer politischer gesehene islamische Zank-Tuch, das irrationale Ängste in den Gastländern schürte (Eroberung durch Fruchtbarkeit à la Kosovo). So verlor eine Kopfbekleidung ihre Unschuld; bei uns was Neues, in der Türkei schon seit Atatürk.
Trotz der überwiegend weiblichen Teilnahme am Wettbewerb wurde der preisgekrönte Text offenbar von einem Mann verfasst, wenn auch mit weiblicher Widmung. Die Sprache, ein assoziierendes, manchmal atemlos stockendes und repetierendes Kontinuum eindringlicher Schilderungen; der Inhalt, eine Passion, die anrührt. Allgegenwärtig in seiner hier so bedrohlichen Symbolik kommt das Wort „Kopftuch“ gleichwohl nicht vor und braucht es auch nicht.
Wie angekündigt, wurden weitere Texte aus der engeren Wahl abgedruckt. – Unser Dank gilt allen TeilnehmerInnen für ihre, mit überwiegend hohem handwerklichen Niveau verfassten Beiträge aufs herzlichste. Wenn auch der Kopf betroffen, war das Herz doch meist wesentlicher. – Ach, da fällt mir ganz am Rand noch ein, dass Japanerinnen mit Vorliebe seidene Kopftücher trugen, auf den Straßen ihrer liebenswerten Stadt. Die brannten zuerst in H.&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;