Mohamed Boufatella

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   Man trifft sie an den entlegensten Orten der Welt: Tschengiz im kalmückischen Elista, den zwischen Baufahrzeugen gehetzt hin und herlaufenden Kemal·in einer anatolischen Kleinstadt, Adnan in einem Teehaus am Rand von Damaskus oder Hasan im Gewirr des Sukhs von Meknes. Sie sind jung und schreiben Gedichte.
Sie suchen mühsam nach Worten für ihre Einsamkeit, das Verlangen nach einer besseren Welt, ihren Zorn. Und sie schreiben in einem ihnen fremden Idiom, das sie nur unvollkommen beherrschen. Ausgerechnet auf Deutsch. Warum? Wir wissen es nicht genau. Vielleicht haben sie eine Zeit lang diese seltsame Sprache gelernt, waren von ihr fasziniert. Oder sie haben gar einen Teil ihrer Kindheit in Deutschland verbracht. Bis man sie auswies.
   Stellvertretend für diese jungen Menschen zwischen den Kulturen drucken wir ein Gedicht des 22jährigen Algeriers Mohamed Boufatella ab. Wie die meisten seiner Landsleute ist er arbeitslos. Um die Authentizität des Textes zu erhalten, ist der redaktionelle Eingriff minimal.


Heugeist
Dieses rätslerische Schweigen bemüht mich zu Tod
Unstammlos unsprunglos Ursache
Der Irrgarten des Bewussten fürchtet mich
Kein Schutz für dieses Geheimnis und namenlose Gefühl
Kommt es aus dem Exil oder hat keine Grenzen keine Lebendigkeit
Grausame Wolken decken mein schwarzes Gefühl
Obwohl ich kein Gefühl habe
Die Flüstersprache der Einsamkeit hat kein Ziel
Unverständliche Ruhe - der Zorn
Verfremdung - der Geist und der Leib
Ein Widerspruch und ohne Widerspruch des Wahnsinns
Stech ich meinen Leib meine Vernunft
Geist ist verwirrt
Leib zittert
Ich weiß wer meinen Geist verhaftet hat ...
Wer meinen Leib gespalten hat ...
Diese Witwe Staat der keinen Mann gesund hat