Clemens Kuhnert


 

waldbar neukölln

 

doch wird im frühling alles wach - der puls steigt an 
und schwingt durch ast- und blätterwerk das stamm für stamm 
ins bargetümmel wurzeln schlägt und tisch für tisch 
erfasst das gastspiel lauter stimmen die musik 
die unter strom ein lächeln hält und dein gesicht 
wird mir zur lichtung im gespräch, ich atme auf.

mir wird zur lichtung dein gesicht, es flimmert hell 
durchs dickicht dessen zweige sich vom lärm verwirrt 
zu deinen zügen bündeln bis zur hitze dich 
allein zikadenschrein umflirrt. du schweigst 
und hebst vom tresenholz das glas, ein sommer blitzt 
im wein der deine lippen netzt, du setzt es ab.

ein sommer der im wein verblitzt, mit jedem blatt 
das feuer fängt und fällt verflüchtigt sich das laub 
das unsern atem hält und löst sich wort für wort 
zu rauch im gastraum auf. und nur mein spiegelbild 
ins schankregal zum glas sortiert verbleibt beim wirt 
der kupferrohre blank poliert. auch ich mach schluß.

ein blank polierter kupferhahn, der nachtluft kalt 
aufs pflaster gießt in das neuköllner nervennetz, 
das baum für baum vom himmel spießt. so arbeitslos 
wie vieles hier scheint ins gedächtnislaufwerk licht 
das den gewohnten weg abspielt. so kracht im schnee 
zwar laut ein schritt, doch erst im frühling werd ich wach.